Die Physiker ist eine Komödie in zwei Akten, geschrieben 1961, uraufgeführt 1962, überarbeitet 1980. Die vorliegende Ausgabe ist die Fassung für die Werkausgabe, die 1980 überarbeitet wurde, und die literarisch gültige, nicht die theatergerechte Fassung ist, die Dürrenmatt in seiner Anmerkung erklärt.
In dieser Komödie begegnen wir, wie der Titel vermuten lässt, drei Physikern: Herbert Georg Beutler – genannt Newton, aber eigentlich Alec Jasper Kilton, Begründer der Entsprechungslehre –, Ernst Heinrich Ernesti – genannt Einstein, aber eigentlich Joseph Eisler, der Entdecker des Eisler-Effekts –, und Johann Wilhelm Möbius. Dem Trio begegnen wir im privaten Sanatorium Les Cerisiers, das in einer kleineren Stadt liegt. Sie werden als harmlos und liebenswert beschrieben; doch haben sie nicht nur Krankenschwestern getötet – es stellt sich letztlich heraus, dass Beutler und Ernesti Geheimagenten und eigentlich nur für Möbius in der Anstalt sind. Denn Möbius hat eine für die Menschheit bedeutende Entdeckung gemacht, und sie wollen den Wissenschaftler und seine Arbeit für ihre jeweilige Regierung gewinnen.
In dem Buch geht es letztlich um die Frage der Verantwortung von Wissenschaft und um die Erkenntnis, dass einmal Gedachtes bzw. Entdecktes nicht zurückgenommen werden kann. Möbius, sich seiner Verantwortung und der Bedeutung seiner Entdeckung bewusst, hat sich entschieden, im Sanatorium zu bleiben und die Entdeckung nicht mit der Menschheit zu teilen – seine Aufzeichnungen hat er verbrannt. Zu lesen ist das Buch vor dem Kontext seiner Entstehung: Die weltpolitische Lage der 1950er und 1960er Jahre waren geprägt vom Kalten Krieg und die Bedrohung durch einen Atomkrieg. Zum Nachlesen eignen sich besonders die Göttinger Erklärung und das Göttinger Manifest.
Am interessantesten fand ich jedoch den Anhang, die 21 Punkte zu den „Physikern“. Dort erklärt Dürrenmatt, dass die Auswirkungen der Physik bzw. die Auswirkungen der Arbeit von Physikern alle angehe – und was alle angehe, könne nur von allen gelöst werden. Nebenbei wird im letzten Punkt auch der Kern seiner Dramentheorie offengelegt, nämlich dass die Dramatik den Zuschauer zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit motivieren soll. Das zieht natürlich ein eigenständiges Nachdenken mit sich; die Dramatik könne, sagt er, den Zuschauer nicht zu einer Bewältigung zwingen.
Die Leseprobe
gibt es hier: 🔗 Leseprobe Die Physiker
Der Autor
Friedrich Reinhold Dürrenmatt (05.01.1921-14.12.1990) war ein Schweizer Schriftsteller, Dramatiker und Maler. Er war einer der einflussreichsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts und prägte die Theater- und Literaturwelt. Zu seinen bekanntesten Werken zählen Die Physiker, Der Richter und sein Henker und Der Besuch der alten Dame. Seine Arbeiten zeichneten sich durch scharfe gesellschaftskritische Elemente und den Einsatz des Grotesken aus, aber auch lassen sich religiöse Motive wie Schuld, Verzeihen und Verantwortung wiederfinden.
Dürrenmatt thematisierte philosophische und moralische Fragestellungen und war bekannt für seine Kritik an Machtstrukturen und menschlichen Abgründen.
Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit malte er und ließ diese Kunstform oft in seine Werke einfließen, indem er sie beispielsweise illustrierte oder Bühnenbilder anfertigte. Wollte er eigentlich eine Ausbildung zum Kunstmaler machen, entschied er sich aber doch für ein Studium. Ab 1941 studierte er Philosophie, Naturwissenschaften und Germanistik an den Universitäten Bern und Zürich.
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