Kerstin Gier: „Silber“ (2013-2015)

Kerstin Gier: Silber | Prosa & Papier

Die 15-jährige Olivia „Liv“ Gertrude Silber und ihre kleine Schwester Mia Virginia landen nach ihrem Sommerurlaub in Zürich am Flughafen London Heathrow und freuen sich auf ihr neues Zuhause – ein kleines Cottage in Oxford. Sie können es kaum erwarten, denn da ihre Mutter Ann Matthews Literaturprofessorin ist und berufsbedingt oft mit ihren Kindern umziehen musste, sind die Mädchen nie lange an einem Ort geblieben. Jetzt hat Ann endlich ihre Traumstelle an der Universität in Oxford bekommen. Doch noch am Flughafen erfahren die Schwestern, dass es eine Planänderung gibt: Statt in das kleine romantische Cottage zu ziehen, geht es für sie in eine Londoner Stadtwohnung. Nicht nur hat sich das Haus als nicht bezugsbereit herausgestellt, nein, es gibt auch einen „Mr. Planänderung“. Denn Ann hat sich verliebt, und zwar in Ernest Spencer, Anfang 50 und selbst Vater zweier Kinder im Teenager-Alter. Und nicht nur das, bereits zwei Wochen später sollen die Silber-Mädchen zusammen mit Ann, ihrem deutschen Kindermädchen Lottie und dem Hund Buttercup in das Haus der Spencers ziehen.

Währenddessen lernt Liv in der Frognal Academy, ihrer neuen Schule, Arthur, Jasper, Henry und ihren künftigen Stiefbruder Grayson kennen. Nachdem sie noch in derselben Nacht von den Jungs geträumt hat, wissen diese plötzlich Dinge über sie, die sie nur im Traum erzählt hat. Doch schon bald findet Liv heraus, was es damit auf sich hat.

Die Themen

Die Silber-Reihe ist eine klassische Jugendbuchreihe: Liv verliebt sich zum ersten Mal, schließt neue Freundschaften, sie muss sich in der neuen Schule einfinden, mit der neuen familiären Situation zurechtkommen und sich den Hürden des Erwachsenwerdens stellen – serviert wird das Ganze mit einer Prise Fantasy. So weit, so typisch für Young-Adult-Romane.

Mehr als suboptimal ist allerdings die Darstellung von psychischen Krankheiten in der Buchreihe. Bei einer der Figuren, Anabel Scott, wird im Laufe der Geschichte eine polymorphe psychotische Schizophrenie festgestellt. Symptome dieser Form der Schizophrenie können Halluzinationen oder auch eine illusionäre Verkennung der Umwelt sein. Anabel wird nicht nur durchgängig als „Irre“ und „geisteskrank“ bezeichnet, sondern nimmt in der Geschichte den Part des Bösen ein. Indem „psychisch krank“ negativ konnotiert ist („durchgeknallte Psychopathin“, „irre“, „Monster“, „Miss ‚ich bin von einem Dämon besessen, weil ich meine Tabletten nicht nehme‘“, „die manipulativste Person der Welt“), trägt die Reihe zur Stigmatisierung psychisch kranker Menschen bei. Ganz besonders ungünstig, da sich die Bücher an Teenager und junge Erwachsene richten, die noch im Begriff sind, sich ein Bild von der Welt zu machen, und da Young-Adult-Romane nun mal dazu beitragen, Identität zu stiften.

Der Schreibstil

Abgesehen davon muss man es ihr lassen: Kerstin Gier weiß, wie man Bestseller schreibt. Sie schreibt flüssig, fesselnd, lebendig, und zwar so, dass beim Lesen lebhafte Bilder entstehen. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach einer Verfilmung der Reihe groß war. Die Reihe ist eine kurzweilige, unterhaltende Abwechslung zum Alltag und wirklich schön zu lesen. Im Gegensatz zu anderen YA-Romanen, die durchaus auch eine ältere Zielgruppe ansprechen, ist die Reihe allerdings sehr klar auf eine jüngere Zielgruppe ausgerichtet.

Die Leseproben

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Die Autorin

Kerstin Gier – auch bekannt unter ihren Pseudonymen Jule Brand und Sophie Bérard – wurde 1966 bei Bergisch Gladbach geboren und schreibt hauptsächlich Frauenliteratur und Fantasy-Jugendbücher. Sie studierte Germanistik, Musikwissenschaft und Anglistik, wechselte aber zu den Fächern Betriebspädagogik und Kommunikationspsychologie und schloss als Diplom-Pädagogin ab. Im Jahr 1995 fing sie mit dem Schreiben an. Bereits ihr erstes Buch (Männer und andere Katastrophen, 1996) war ein voller Erfolg und ist mit Heike Makatsch in der Hauptrolle verfilmt worden. Im Genre Young Adult/Fantasy sind vor allem ihre Silber-Reihe und die Trilogie über die Abenteuer von Gideon und Gwendolyn in London (Rubinrot, Saphirblau und Smaragdgrün) bekannt und beliebt.