Paulo Coelho: „Der Alchimist“ (1988)

Roman, 1988 veröffentlicht, 2021 bei Diogenes in Zürich erschienen, 176 Seiten. ISBN: 978-3-257-07155-9.
Der Alchimist | Prosa & Papier

Wenn du immer in der Gegenwart leben kannst, dann bist du ein glücklicher Mensch.

S. 91

Der Andalusier Santiago ist jung und möchte raus in die Welt. Statt Priester zu werden, wie es der Vater wünscht, entscheidet er sich für ein Leben als Schafhirte. Als er wieder und wieder von den Pyramiden von Ägypten träumt, beschließt er, sich dorthin aufzumachen. Er verkauft seine Schafherde und begegnet auf seiner Reise der Liebe und sich selbst, und lernt wichtige Lektionen.

Die Themen

Der Jüngling begann, den Wind um seine Freiheit zu beneiden, und merkte, daß er genauso frei sein könnte. Nichts hinderte ihn daran, außer er selber.

S. 35

Das kurze Buch lässt keinen Raum zum Deuten von Botschaften, sondern vermittelt sie in aller Deutlichkeit:

  • Bleib dir selbst treu und glaub an dich,
  • sei dankbar,
  • gib nicht auf,
  • wenn du dir etwas nur stark genug wünschst, erreichst du es,
  • folge deinem Traum.

Die Figuren haben wenig Tiefe, sondern dienen eher der Vermittlung, der Aussprache dieser Botschaften. Und damit ist das Buch auf 173 Seiten Text prall gefüllt. Heute, im Zeitalter des Internets, sind das jedoch Botschaften, die einem heute, besonders auf Social Media, fast täglich begegnen. Bei mir haben sie aus diesem Grund keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Hätte ich das Buch mit Anfang 20 gelesen, oder Anfang der 1990er Jahre, wäre es bestimmt anders gewesen. Trotzdem ist es ein schönes kurzweiliges Buch mit tollen Botschaften.

Der Schreibstil

Coelho schafft es, sich poetisch auszudrücken, ohne schwülstig dabei zu sein. Die Sprache ist sehr klar, die Sätze sind in der Regel kurz und prägnant, und trotzdem transportieren sie sehr viel. Daneben mangelt es auch nicht an intertextuellen Bezügen: Nicht nur wird dem Prolog eine Passage aus der Bibel (Lukas, 10: 38-42) vorangestellt. Unter anderem wird auch im Prolog die Geschichte des Narziss aufgegriffen; die aus Ovids Metamorphosen, vor allem aber wird auf eine Narziss-Erzählung von Oscar Wilde Bezug genommen.

Die Leseprobe

gibt es hier 🔗 Leseprobe Der Alchimist

Der Autor

Paulo Coelho de Souza wurde 1947 in Rio de Janeiro geboren. Bereits während des Besuchs der Jesuitenschule Colégio Santo Inácio gewann er bei einem schulischen Lyrikwettbewerb einen Preis. Später studierte er gegen den Wunsch des Vaters Jura, unterbrach das Studium jedoch, um ein zwei Jahre durch Südamerika, Nordafrika und Europa zu reisen. Als er 1977 mit seiner ersten Frau für ein Jahr nach London zog, versuchte er sich erfolglos als Schriftsteller. Zurück in Brasilien arbeitete er zunächst bei einer Plattenfirma, später bei einem Musikmagazin und als Redakteur. Nach der Trennung von seiner Frau beging den Jakobweg, lernte die Malerin Christina Oiticica, die er 1981 heiratete, kennen, und lebte fünf Jahre lang zurückgezogen in einem spanischen Orden. In seinem zweiten Buch, Der Alchimist, verarbeitete er seine alchimistischen Studien, anfangs verkaufte sich das Buch allerdings nicht gut. Zwei Jahre später kam für Coelho ein Wendepunkt: Sein Buch Brida fand Aufmerksamkeit bei der Presse, wovon auch seine ersten beiden Werke profitierten. Heute lebt er mit seiner Frau in Genf.